Andacht Februar 2024

Jesus Christus spricht: Alles, was ihr bittet in eurem Gebet,
glaubt nur, dass ihr's empfangt, so wird's euch zuteil werden.


Markus 11, 24

Mose hat mit seinem Gebet das Rote Meer geteilt, so dass das Volk Israel hindurch marschieren konnte (2. Mose 14). Josua gelang es, mit seinem Gebet den Lauf der Sonne zu hemmen (Josua 10). Und wenn Elia um eine Dürrperiode betete (1. Könige 17) oder um Feuer vom Himmel, so geschah es (1. Könige 18). Was also ist besonderes an Jesu Zusage, dass wir mit unserem Gebet Berge versetzen können (Matthäus 21, 21) oder alles erhalten, worum wir bitten?

Eine mögliche Antwort geben uns die Psalmen, in denen oft genug davon die Rede ist, dass der Beter den Eindruck hat, Gotte könne oder wolle nicht auf das Gebet hören: Immer wieder fordern die Psalmbeter Gott auf, ihr Gebet, ihr "Schreien" (z.B. Psalm 17, 1; Psalm 39, 12; Psalm 61, 1) zu hören. Offenbar haben sie zwar einerseits den Glauben, Gott würde sie erhören, andererseits den Eindruck, ihr Gebet nütze nichts. Und haben wir nicht auch oft genug das Gefühl, dass unser Gebet sich in den Tiefen des Alls verliert?

Gott hat uns seinen Sohn Jesus Christus als Heiland geschickt, auch damit wir in ihm ein Vorbild haben für unser Verhalten Gott gegenüber. "Dieser ist mein lieber Sohn; den sollt ihr hören!" (Lukas 9, 35) sagt Gott den Jüngern und uns. Jesu Verhalten zu seinem Vater ist also Maßstab und Richtschnur für unser Verhalten Gott gegenüber, der ja unser Vater auch ist.

Jesus hat viel gebetet. Von den meisten Gebeten wissen wir nichts genaues über Inhalt und Form. Zwei Gebete sind es, die uns überliefert sind neben den Stoßgebeten (z.B. "Hephatha!", Markus 7, 34), das Gebet des Herrn ("Vater unser...", Lukas 11, 2) und Jesu Gebet im Garten Gethsemane.

Lukas schildert uns die Szene am Abend vor dem Passahfest eindringlich zum Mitfühlen - und wir gehen ja auch erneut auf die Leidenszeit zu, der 14. Februar ist schließlich Aschermittwoch. Da ist ein Mensch, mit Gefühlen in Körper und Seele wie wir, Schmerzen scheut er wie jedes Lebewesen, denn Schmerzen sind ein Warnsignal des Körpers, dass es Zeit ist, sich durch Flucht oder Gegenwehr dem drohenden Schaden für Leib und Leben zu entziehen. Jesus denkt nicht an Flucht und Gegenwehr. Er bittet: "Vater, willst du, so nehme diesen Kelch von mir" (Lukas 22, 42), diesen bitteren Kelch des unsäglichen Leides, der furchtbaren Schmerzen, der Erniedrigung und Verachtung. Wir wissen, wie dieses Gebet erhört wurde. Am Karfreitag starb Jesus am Kreuz, sein Gebet hatte ihm offenbar nichts genützt.

Ist das nicht auch oft unser Eindruck von den "Erfolgen" unseres Betens. "Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir. Herr, höre meine Stimme!" (Psalm 130, 1-2) Und oft genug passiert - scheinbar - gar nichts. Wie leicht werden wir dann verzagt! Wie nahe liegt uns dann die resignierende Frage: "Wo ist denn nun dein Gott?!", mit der uns der Böse lockt. Das ging Jesus genauso: Da hing er nun leidend am Kreuz "Und das Volk stand und sah zu; es höhnten aber auch die Obersten und sagten: Andere hat er gerettet; er rette sich selbst, wenn dieser der Christus ist, der Auserwählte Gottes!" (Lukas 23, 35)

Jesus starb am Karfreitag am Kreuz, richtig, aber hat sein Gebet ihm nichts genützt? Hat Gott die Zusage seines Sohnes, die allen Gläubigen gilt, "Alles, was ihr bittet in eurem Gebet, glaubt nur, dass ihr's empfangt, so wird's euch zuteilwerden" selbst widerlegt? Sehen wir uns das Gebet Jesu genauer an. Lukas berichtet, Jesus habe im Garten Gethsemane "Vater, willst du, so nehme diesen Kelch von mir, doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe!" gebetet. "... Doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe!" Das ist der entscheidende Unterschied. Jesus weiß, dass sein Vater eine eigene Vorstellung von den kommenden Ereignissen hat. Daher will er zwar seinen Wunsch äußern, hofft vielleicht auch auf Verschonung, will aber nicht seine Bitte über den Willen des Vaters stellen. Und dieser Wille des Vaters gebot, dass Jesus den schweren Gang gehen sollte. Jesus war gleichwohl geborgen in der Obhut des liebenden Vaters, auch wenn dieser ihm nun den Schmerz nicht ersparen konnte.

Wie ist es denn mit uns? Beten wir mit der Antwort, die Hiob seiner nörgelnden Frau gibt: "Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Böse nicht auch annehmen?" (Hiob 2, 10) Oder erwarten wir von Gott ständig auf die Sonnenseite des Lebens gestellt zu werden? Unterstellen wir unsere Bitte dem Willen Gottes oder erwarten wir prompte Erfüllung unseres Gebetes ohne Wenn und Aber?

Wir wissen: was Jesus uns zusagt, das trifft unweigerlich zu. Daran liegt es nicht. Es kann aber sein, dass unsere Wünsche so töricht sind im Angesicht der Gedanken Gottes, dass er nur liebevoll den Mantel des Schweigens darüberbreiten kann. Zwar erfahren wir immer wieder, dass unsere Bitten erhört werden. Das macht uns Mut zum weiteren Beten Und wenn es mal nicht nach unserem Gebet geht, dann liegt das vielleicht an uns: nicht an der Ernsthaftigkeit unseres Glaubens, sondern an unserer falschen Einschätzung unserer wirklichen Bedürfnisse.

"Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kindlein, der wird nicht hineinkommen" (Markus 10, 15) sagt uns Jesus. Lernen wir von unseren Kindern und Enkeln zu vertrauen. Ihnen müssen wir ja auch in ihrem Interesse manchen törichten Wunsch abschlagen. Dennoch haben wir sie lieb; wir wollen sie in allem fördern. Lassen Sie uns von ihnen lernen, Gott als unserem liebenden Vater bedingungslos zu vertrauen. Er wird auch uns nicht im Stich lassen, so wie er ja auch seinen Sohn gegen allen äußeren Anschein am Ostermorgen aus den Tiefen des Schmerzes vom Karfreitag strahlend herausgeführt hat.

Ulrich Lorenz