Andacht November 2023

Wenn du den Hungrigen dein Herz finden lässt und den Elenden sättigst, dann wird dein Licht in der Finsternis aufgehen.


Jesaja 58, 10

Im Oktober feiern viele Menschen den Erntedanktag. Dieses uralte Fest erinnert die Menschen daran, dass all ihr Mühen, alles Planen und Arbeiten letztendlich keine Gewähr für den angestrebten Erfolg ist. Irgend etwas muss noch hinzukommen, um schließlich die Früchte der Mühe einfahren zu können, um zu ernten, wofür man gesät hat. Dieses „Etwas“ verbanden die Menschen bereits in früher Zeit mit dem Segen Gottes.

Das gilt nicht nur für den landwirtschaftlichen Ertrag, nein, jedes menschliche Streben ist vergeblich wenn Gott nicht sein „Ja“, seinen Segen dazu gibt. „Wo der HERR nicht das Haus baut, so arbeiten umsonst, die daran bauen.“ (Psalm 127,1).

Warum aber verweigert Gott zuweilen oder vielleicht auch oft seinen Segen? Warum lässt er uns strampeln und rennen wie ins Leere, wie den Hamster in seinem Rad, der doch nicht vom Fleck kommt? Zuweilen will Gott uns dadurch etwas lehren oder unserem Lebensweg eine andere Richtung geben. Meistens aber geht es uns wie dem Volk Israel. Das fragte auch „Warum“?

Antwort gibt uns Gott durch den Propheten Jesaja. „’Warum haben wir gefastet, und du hast es nicht gesehen, unsere Seelen kasteit, und du hast es nicht gemerkt?’ Siehe, am Tage eures Fastens geht ihr euren Geschäften nach und bedrückt alle eure Arbeiter. Siehe, wenn ihr fastet, hadert und zankt ihr, und schlagt mit gottloser Faust drein.“ (Jesaja 58, 3-4)

Da liegt das Problem: das Volk hatte sich von Gott getrennt. Es hatte Gottes Weisungen, „das Recht ihres Gottes verlassen“ (Jesaja 58, 2) Und so nützt all ihr Fasten nichts, ihre Gottesdienste - alles ist sinnlos. Denn sie unterscheiden ihren Alltag von Gott. Sie machen in der Woche, was sie wollen und gehen am Sonntag in die Kirche, um fromm zu wirken. Das aber fruchtet nicht.

Gott weist den Menschen den rechten Weg: Sie sollen aus Liebe zu Gott mit anderen Menschen teilen und barmherzig sein. Sie dürfen an sich selbst denken, aber eben nicht nur und nicht ausschließend. „Brich dem Hungrigen dein Brot, und die, die im Elend sind, führe ins Haus; wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch.“ (Jesaja 58, 7)

Gerade die letzte Weisung („entzieh dich nicht deinem Fleisch“) hat in unseren Tagen eine besondere Bedeutung: In vielen Seniorenheimen sitzen alte Menschen, um die sich die Kinder und Enkel nicht mehr kümmern. Ich sprach einmal mit einer alten Dame. Sie erwiderte meinen „Guten Tag“ mit der Frage: „Was soll an meinem Tag gut sein? Ich habe mich in dieses Heim nicht eingewiesen, das waren meine Kinder. Und jetzt sitze ich hier alleine.“

Andererseits erfahren wir viel von der Vernachlässigung der Kleinen. Es geht nicht nur um die körperliche Verschmutzung und seelische Verkümmerung, es geht auch um die sauberen, satten Kinder, die nicht wissen, wie sie reden können, die nicht wissen, wie man einen Apfel schält, die noch nie in einem Buch geblättert haben.

Und die Generation dazwischen? Die Eltern dieser Kinder und die Kinder jener Alten? Sie zerreiben sich gegenseitig und selbst im Kampf um Einkommen, Ansehen, Zerstreuung. Sie quälen sich und andere in der Annahme, so umso besser dazustehen im Konkurrenzkampf. Aber es ist vergeblich! Das Leben funktioniert so nicht. Wie das Leben gelingen kann, sagt Gott uns durch Jesaja und die vielen anderen Propheten.

Sein Sohn Jesus Christus hat es uns vorgelebt und uns zur Nachahmung aufgefordert: „Macht euch also keine Sorgen! Fragt nicht: Was sollen wir essen? Was sollen wir trinken? Was sollen wir anziehen? Denn damit plagen sich die Menschen dieser Welt herum. Euer Vater weiß doch, dass ihr das alles braucht! Euch soll es zuerst um Gottes Reich und um seine Gerechtigkeit gehen, dann wird er euch alles übrige dazugeben.“ (Matthäus 6, 31-33)

Öffnen wir unser Herz für den anderen Menschen, ohne vorher zu berechnen, wie viel wir ihm geben können aus unserem Überfluss an Zeit und Geld; schenken wir uns ganz und helfen wir ohne Vorbehalt. Dann erleben wir in uns, wie sich die göttliche Zusage erfüllt: „Du wirst sein wie ein gewässerter Garten und wie eine Wasserquelle, welcher es nimmer an Wasser fehlt; ... ich will dich über die Höhen auf Erden schweben lassen...“ (Jesaja 58, 11; 14)

Dann geht die Liebe Gottes in uns auf, die in Jesus immer wieder im Advent auf uns zukommt, die um uns wirbt und uns zum wahren Leben führen will. Jesus tröstet uns „Ich will euch nicht Waisen lassen; ich komme zu euch“ (Johannes 14, 18). Mit ihm wird unser Leben gelingen.

Oder, wie es im Monatsspruch für November heißt: ,,Wenn du den Hungrigen dein Herz finden lässt und den Elenden sättigst, dann wird dein Licht in der Finsternis aufgehen."

Ulrich Lorenz