Andacht Juli 2023

Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mich.


Psalm 139, 5

"Der große Bruder sieht Dich!" Mit diesen Worten symbolisiert George Orwell 1948 in seinem Roman "1984" unter dem Eindruck des eben beendeten Faschismus in Deutschland und Italien und dem gerade dem Höhepunkt seiner Macht entgegengehenden Kommunismus in Russland und China die Furcht des Menschen vor der allgegenwärtigen Tyrannei der Diktatur.

Der "gläserne Mensch" ist nicht nur eine anschauliche Skulptur in Dresden, sondern das Drohwort der Datenschützer heute, wenn weitere Gesetze zur Überwachung im Rahmen der Terrorismusbekämpfung beschlossen werden sollen. Man sagt uns, dass es gefährlich sei, wenn "Vater" Staat zuviel über uns wisse.

Jeder Internetnutzer wird ständig darauf hingewiesen, wie groß die Gefahr für ihn ist, durch Viren, Trojaner und ähnliche Geschöpfe der virtuellen Welt ausgespäht zu werden. Wir fühlen uns zunehmend machtlos angesichts der anscheinend übermächtig werdenden Umwelt.

Das Psalmwort, das über dem Monat Juli steht, beginnt: " ... Du erforschst mich und kennst mich. Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es; du verstehst meine Gedanken von ferne. Ich gehe oder liege, so bist du um mich und siehst alle meine Wege." Eine Form der Rundumüberwachung? Nein! König David hat das gedichtet, aber nicht aus Furcht vor Überwachung, nein, ein Gefühl der Geborgenheit strömt aus seinen Worten. Er fühlt sich sicher in der Gewissheit, beobachtet zu werden. Und wenn er sagt: "Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mich" dann drückt sich darin auch Dankbarkeit für den Schutz aus, der ihm zuteil wird.

Der Unterschied liegt im Adressaten. Wir sprechen von Menschen, die einen Staat repräsentieren, David spricht mit Gott. Das erste Wort des Psalms ist ein ehrfurchtsvolles "HERR".

David hat es nicht immer leicht gehabt in seinem Leben. Er ist in viele Gefahren geraten und hat schwere Umbrüche in seiner Biographie zu verzeichnen gehabt. Die hat er aber nie als Schicksalsschläge verstanden, sondern stets als eine Schule, durch die Gott ihn führt, um ihn umso tüchtiger zu machen, sein Leben und das des Volkes Israel zu gestalten. Zuweilen war es auch eine verdiente Strafe Gottes; aber auch diese hatte David als verdient akzeptiert. Insofern gibt es äußerlich kaum einen Unterschied zwischen dem allwissenden Gott und dem Staat.

Nur in einem unterscheiden sich beide: in der Zuverlässigkeit, oder, wie die Bibel sagt: in der Treue. Gott, der Allmächtige kann und wird immer zu uns stehen, nichts kann ihn hindern. Das kann uns in gleicher Weise kein Politiker versprechen: Als Mensch bleibt auch der tüchtigste Politiker Mächten und Kräften ausgesetzt, denen er nicht widerstehen kann - letztlich wird sein eigener Tod das Einhalten der gegebenen Versprechen verhindern.

Und so lädt uns der Monatsspruch ein, unsere Sicherheit, unsere Geborgenheit alleine bei der einzigen ewig zuverlässigen und treuen Macht zu suchen und zu finden, bei Gott. Er wird uns schützen, so lange wir leben und noch darüber hinaus. "Gott hilft uns nicht immer am Leiden vorbei, aber er hilft uns hindurch." (Johann Albrecht Bengel)

Jesus Christus hat uns das mit seinem Leben, Leiden und Sterben bewiesen. Folgen wir ihm doch einfach nach!

Ulrich Lorenz