Andacht Juni 2023

Meine Stärke und mein Lied ist der Herr;
er ist für mich zum Retter geworden.


2. Mose 15, 2

Das war knapp! Den Tod hatte das Volk Israel schon vor Augen: vor sich das Meer, hinter sich das zornige ägyptische Heer mit seinen Kampfwagen und Reitern! Weder ein Ausweg nach rechts noch einer nach links! Da hatte dieser Mose sie ja schön ins Unglück geführt!

Doch dann kam es ganz anders: Mose hob den Arm und plötzlich teilte sich das Meer auf nie da gewesene Weise: nach beiden Seiten hoben sich die Wassermassen und machten dazwischen eine Straße auf festem Meeresboden frei, so dass das Volke Israel trockenen Fußes seine Flucht vor den sich schnell nähernden Ägyptern fortsetzen konnte.

Bald waren die schnellsten Reiter und Wagen Pharaos auch schon auf dem Weg zwischen den Wassermauern, der Rest des ägyptischen Heeres folgte nach. Da begannen sich die Wassermauern wieder zu vereinen, das feindliche Heer dazwischen. Die schweren Rüstungen verhinderten jede Rettung, das Heer der Ägypter versank im Meer, während das Volk Israel das rettende Ufer erreichte, bevor sich hinter ihm das Wasser wieder schloss.

Ein Loblied aus vollem Herzen stimmte Mose mit dem Volk Israel an: "Meine Stärke und mein Lied ist der Herr; er ist für mich zum Retter geworden." Jawohl, ohne Gottes Hilfe hätte diese Flucht im Verderben geendet, aber nun war alles gut. Noch etwas erschöpft, aber unversehrt stand das Volk Israel am sicheren Ufer. Gott sei Dank!

Wie oft sagen auch wir "Gott sei Dank!" - ist uns eigentlich immer bewusst, wie Recht wir damit haben? Ich kenne Menschen, für die ist mit diesen Worten nicht einmal Gott verbunden, geschweige denn ein Dank an ihn. Dabei ist Gott ständig bei uns, um uns zu leiten und zu helfen.

In einer Predigt wurde kürzlich von einem gläubigen Christenmenschen berichtet, der schwer, ja, lebensbedrohend erkrankt war. Der Pfarrer wollte ihn besuchen. Doch er lehnte ab und ließ ausrichten: "Wenn ich die guten Tage dankbar von meinem Schöpfer empfangen habe, dann will ich auch die schweren dankbar ertragen. Es ist nicht nötig, dem HERRN durch eigenwilliges Gebet Vorschriften zu machen."

Wir empfangen alles von Gott und haben jeden Tag, ja, jeden Augenblick Grund, ihm dankbar zu sein, z.B. dafür, dass wir noch leben und atmen. Denn wie oft hört man von Menschen, die von einem Augenblick auf den nächsten tot waren. Oder auch für unsere munteren Kinder und Enkelkinder, die mit ihrem fröhlichen Kichern und Krakeelen uns sicher manchmal die Nerven rauben, meistens aber anstecken zur Heiterkeit. Es gibt unzählig viele Gründe, Gott zu danken, ihm auch ein Loblied zu singen, wie es Paul Gerhardt mit dem jahreszeitgemäßen Lied tat "Geh aus mein Herz und suche Freud" (GL 613, EG 503), das von dem in Leipzig in den Tagen der Völkerschlacht (1813) jung verstorbenen August(in) Harder so mitreißend vertont wurde.

Es sind nicht nur die großen Dinge, wie bei Mose, oder Tod und Leben, die des Dankens wert sind. Nein, gewöhnen wir uns doch an, uns an den kleinen Erlebnissen im Alltag bewusst zu erfreuen und Gott dafür zu danken, für den Duft des Flieders, das Schmettern des Amselhahns, das bockige kleine Zicklein, aber auch für den knapp erreichten Bus, das Lächeln der Verkäuferin. Probieren Sie es aus: wenn Sie im Herzen bewusst sagen "Danke, lieber Vater im Himmel", dann werden Sie selbst aus tiefer Traurigkeit herauskommen. Ich kenne eine kluge Diakonisse, die "Klagen drückt nieder, Danken hebt auf" den Senioren zu raten pflegt, wenn diese mal wieder über ihre Schmerzen und die Einsamkeit und das Leben überhaupt jammern.

Mit dem Danken blicken wir auf zu Gott - und von dort empfangen wir Kraft und Mut für den Augenblick, die nächste Stunde, den kommenden Tag. Probieren Sie es!

Ulrich Lorenz